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Gedanken und Fragen zu Akteuren, Handlungsmacht und Institutionen

von Nicklas Berild Lundblad
22. Sep 2025

Ein Forschungstagebuch von Nicklas Lundblad

Dies ist ein Forschungstagebuch zu dem Projekt, das ich am TUM Think Tank durchführe – über Akteure, Handlungsmacht und Institutionen. Ich möchte dieses Thema breit erkunden, verschiedene Aspekte durchdenken und meine Arbeit hier teilen.

Zunächst möchte ich erklären, warum ich dieses Feld so spannend finde. Agentische KI (Agentic AI) ist mittlerweile klar als einer der zentralen Trends identifiziert, den wir in den kommenden Jahren genauer verstehen müssen. Die Fragen reichen von Haftung bis hin dazu, ob Agenten als moralische Akteure oder Patienten betrachtet werden sollten – und es mangelt weder an Forschung noch an Diskussionen. Warum also ein weiteres Projekt in einem scheinbar überfüllten Feld?

Der Grund ist: Mich interessiert, was Akteure überhaupt zu Akteuren macht – mich interessiert die Handlungsmacht selbst. Ich finde Agency als Konzept zutiefst faszinierend und bin überzeugt, dass wir bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz vielleicht einen konzeptionellen Fehler gemacht haben, indem wir nicht mit der Handlungsmacht begonnen haben.

Wir sind – um David Krakauer, den Direktor des Santa Fe Institute, zu zitieren – „teleonomische Materie“, also Dinge, die Dinge wollen.

Das Forschungstagebuch erscheint jeden Freitag!

Hier die Ausgaben des Forschungstagebuchs lesen

  • Notiz 1: Dinge, die Dinge wollen

    Agentische KI (Agentic AI) ist inzwischen eindeutig als einer der zentralen technologischen Trends identifiziert, den wir in den kommenden Jahren gründlicher verstehen müssen. Die Fragen reichen von Haftungsfragen bis hin zur Überlegung, ob Agenten als moralische Akteure oder Patienten betrachtet werden sollten – und es mangelt nicht an Forschung, Publikationen und Debatten.

    Warum also sich mit einem Feld beschäftigen, das scheinbar schon alles gesagt hat?

  • Notiz 2: Künstliche Lehrlinge

    Stellen Sie sich vor, Sie bilden einen jüngeren Kolleg*in in Ihrem Fachgebiet aus. Wie stellen Sie am besten sicher, dass diese Person sich schnell entwickelt und echte Fähigkeiten erwirbt? Erzählen Sie ihr alles, was Sie über Ihr Fach wissen? Oder zeigen Sie ihr, wie man mit konkreten Fällen umgeht?

    Offenbar ist Letzteres der richtige Weg, oder? Und genau deshalb gibt es das Konzept der Lehre bzw. des Lernens durch Meister – die „Ausbildung“.

  • Notiz 3: Nach dem Web – das Mesh

    So wie WAP einst das Web auf frühen Mobiltelefonen „funktionsfähig“ machte, sorgt MCP nun dafür, dass das „Web der Software“ für die ersten Agenten funktioniert. Und wie damals offenbart auch MCP die Unbeholfenheit der Übersetzung: Agenten müssen Entwickler nachahmen, indem sie API-ähnliche Aufrufe ausführen und strukturierte Antworten interpretieren, anstatt sich nativ in digitalen Umgebungen zu bewegen.

  • Notiz 4: Delegation und Dauer

    Nehmen wir an, wir hören auf, Agenten „Agenten“ zu nennen, vielleicht weil wir erkennen, dass Agency – also echte Handlungsmacht – ein weitaus komplexeres Problem ist, als bisher angenommen. Wirkliche Agency – das Begehren, das Wollen – scheint eine tief evolutionäre Eigenschaft eines Systems zu sein, deren Erforschung ein eigenes Projekt darstellen könnte.

    Wir könnten stattdessen von künstlichen Delegierten sprechen – ein besserer und wohl auch klarerer Begriff. Tun wir das, wird rasch deutlich, dass die beiden zentralen Dimensionen, die für politische Entscheidungsträger*innenrelevant sind, Umfang und Dauer sind.

    Wie weit reicht die Delegation – und wie lange besteht sie?

  • Notiz 5: Agenten, Welten und Hände

    Durch die Hand lernt das Gehirn die Angebote und Widerstände der Welt kennen – wie Objekte sich widersetzen, nachgeben oder zerbrechen – und verfeinert daraufhin seine inneren Modelle.

  • Notiz 6: Intelligenz orchestrieren

    Die Tatsache, dass das Aufteilen einer KI in mehrere Persönlichkeiten manchmal bessere Ergebnisse liefert, als die KI einfach direkt zu fragen, ist auf eine seltsam reizvolle Weise merkwürdig – bis man erkennt, dass genau so auch unsere eigene Intelligenz funktioniert, sowohl individuell als auch kollektiv.

Autor

Nicklas Berild Lundblad

FELLOw of practice

Projekte

Nicklas Berild Lundblad verstärkt den TUM Think Tank als Senior Fellow of Practice, um einen neuartigen interdisziplinären Rahmen zu erarbeiten, der aufzeigt, wie künstliche Handlungsfähigkeit Institutionen wandelt, menschliche Identität prägt und soziale Komplexität steigert.

Fellowship

Einbindung erfahrener Praktiker in die Arbeit des TUM Think Tanks

Fellowship