
Umkehrung des Brüssel-Effekts: Was die EU von Lateinamerika in der digitalen Governance lernen kann
Dieses Policy Brief bietet Einblicke darin, was die EU von ihren Partnern in LAC lernen kann. Verfasst wurde es von den Mitgliedern des HEMISPHERES-Projekts – einer dreijährigen Zusammenarbeit, die im Rahmen des Erasmus+ Jean Monnet Networks Program 2024 gefördert wird und darauf abzielt, die Kooperation zwischen europäischen sowie lateinamerikanischen und karibischen (LAC) Wissenschafts- und Forschungszentren, politischen Entscheidungsträgern, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft zu stärken.
Seit Jahren gilt die Europäische Union (EU) als globale Vorreiterin in der digitalen Regulierung und steht für den sogenannten „Brüssel-Effekt“, bei dem ihre Gesetze aufgrund der Größe ihres Marktes faktisch zu globalen Standards werden. Doch zunehmend macht sich Unbehagen breit. Der jüngste „Draghi-Bericht“ sowie „A Competitiveness Compass for the EU“ und weitere politische Stellungnahmen haben Bedenken hinsichtlich Überregulierung, wirtschaftlicher Stagnation und eines möglichen Verlusts an Wettbewerbsfähigkeit hervorgehoben – was darauf hindeutet, dass das derzeitige Governance-Modell der EU einer Neubewertung bedarf. Es ist an der Zeit, „Governance neu zu erfinden“ und ein Modell regulatorischen Lernens zu verfolgen, das flexibel, anpassungsfähig und offen für Erkenntnisse aus anderen Regionen ist.
Zentrale Erkenntnisse umfassen:
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- Während die EU in der digitalen Governance auf umfassende, top-down gesteuerte Regulierung zusteuert, haben die LAC-Länder auf unterschiedliche institutionelle Kapazitäten, wirtschaftliche Prioritäten und rechtliche Traditionen zurückgegriffen, um pragmatische und kontextsensitive Ansätze zu entwickeln.
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- Ein gemeinsames Forum für wechselseitiges Lernen könnte unterschiedliche Strategien diskutieren und dazu beitragen, ein gemeinsames Verständnis dafür zu schaffen, wie ein sich weiterentwickelnder Rahmen für Grundrechte und Datenschutz als Grundlage für datengetriebene Innovation zum öffentlichen Wohl dienen kann.
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- Anstatt isolierter Experimente können die EU und LAC auf eine „Sandbox-Föderation“ mit gemeinsamen Kennzahlen und einer gemeinsamen Fallbibliothek hinarbeiten.
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- Ein kollaborativer Ansatz für die digitale Sicherheit von Jugendlichen ist erforderlich, der die Rechte, Handlungsfähigkeit und das Wohlergehen von Kindern fördert und über restriktive Maßnahmen wie Verbote hinausgeht.
Lesen und downloaden Sie den Policy Brief hier:
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Verfasst von: Carolina Aguerre (Universidad Católica del Uruguay, UCU), Aya Ahmed (Universitat Internacional de Catalunya, UIC), João Victor Archegas (Instituto de Tecnologia e Sociedade do Rio, ITS Rio), Wanderley Augusto Arias-Ortiz (Universidad Jorge Tadeo Lozano, Utadeo), Beatriz Botero Arcila (Institut d’Études Politiques de Paris, Sciences Po), Celina Bottino (ITS Rio), Lionel Brossi (Universidad de Chile, UCH), Favio Ernesto Cala Vitery (Utadeo), Ana María Castillo (UIC), Sandra Cortesi (TUM), Christian Fieseler (BI Norwegian Business School), Isadora García Avis (UIC), Urs Gasser (TUM, Lead Author), Pablo Gómez Ayerbe (TUM), Armando Guio Español (Network of Centers, NoC), Joan Hernández-Serret (UIC), Camila Hidalgo (TUM), Ronaldo Lemos (ITS Rio), María Pilar Llorens (UIC), Felipe César Londoño (Utadeo), Christoph Lutz (BI), Fabienne Marco (TUM), María Isabel Mejía (Universidad del Norte, Uninorte), Andras Molnar (TUM), Víctor Muñoz (Utadeo), Núria Roca Trenchs (UIC), Sofie Schönborn (TUM), Pedro Sigaud-Sellos (UIC), Markus Siewert (TUM Think Tank), Fabro Steibel (ITS Rio), Carlos Affonso Souza (ITS Rio), Jacob van de Kerkhof (Utrecht University, UU).
Über das HEMISPHERES-Projekt
Ein handlungsorientiertes Konsortium
Unterstützt von der Europäischen Kommission bringt dieses dreijährige Projekt eine dynamische Gruppe von Hochschulen, zivilgesellschaftlichen Akteuren, politischen Entscheidungsträgern und der Industrie zusammen, um Chancen und Herausforderungen der digitalen Landschaft anzugehen.
HEMISPHERES fördert Zusammenarbeit, Wissensaustausch und Lernen in sechs zentralen Themenfeldern: Künstliche Intelligenz, Neue Technologien und Metaversen, Internet, Plattformen, Gerechtigkeit & Sicherheit, Datenschutz & Sicherheit sowie Jugend und Medien. Durch die Clinic und Arbeitsgruppen, jährliche Foren und ein Digital Policy Repository schaffen wir Räume für Dialog, praxisrelevante Erkenntnisse und innovative politische Ansätze – für eine sicherere, integrative und demokratische digitale Zukunft.
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