
EU-Digitalpolitik neu gedacht: Die Vergangenheit überprüfen, die Zukunft gestalten
Kai Zenner tritt dem TUM Think Tank als Fellow of Practice bei, um ein Jahrzehnt europäischer Digitalpolitik kritisch zu analysieren, strukturelle Schwächen zu identifizieren und konkrete Verbesserungen vorzuschlagen.
Anhand der DSGVO als konkretem Fallbeispiel wird das Projekt deren praktische Auswirkungen bewerten und gezielte Reformvorschläge unterbreiten – orientiert an der jüngsten Voss-Schrems-Initiative. Diese Zusammenarbeit soll eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen und direkt zu einer zugänglicheren, transparenteren und evidenzbasierten EU-Politikgestaltung beitragen.
Projektbeschreibung
In den letzten zehn Jahren hat die Europäische Kommission mehrere Initiativen zur Digitalpolitik gestartet: die Digitale Agenda (2010) unter Präsident Barroso, die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt (2015) unter Präsident Juncker sowie das Programm für Europas digitales Jahrzehnt (2021) unter Präsidentin von der Leyen. Auch wenn jede dieser Initiativen auf fundierten Erkenntnissen beruhte und gute Strategien präsentierte – sowohl zur Bekämpfung bestimmter digitaler Risiken als auch zur Beschleunigung der digitalen Transformation –, war das Endergebnis in allen drei Fällen eher enttäuschend. Der Wettbewerbsfähigkeitsbericht 2024, verfasst vom ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi, nannte die unterdurchschnittliche digitale Wirtschaft der EU als eine der Hauptbedrohungen für die Erhaltung unseres Lebensstandards und den Schutz unserer demokratischen Systeme.
Das Projekt verfolgt zunächst das Ziel, die drei digitalen Initiativen der Kommission kritisch zu untersuchen und zu evaluieren, um deren Wirksamkeit, Erfolge und Verbesserungsbedarfe zu bestimmen. Durch den Abgleich ihrer politischen Zielsetzungen mit den tatsächlichen Ergebnissen sollen zudem strukturelle Herausforderungen innerhalb der EU-Institutionen identifiziert werden – als Grundlage für allgemeine Reformvorschläge.
In einem zweiten Schritt wendet das Projekt seine Erkenntnisse gezielt auf das Themenfeld Datenschutz an. Es wird die Auswirkungen der DSGVO auf den Datenschutz, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durch Unternehmen sowie die digitale Innovation bewerten. Gestützt auf den im März 2025 eingebrachten dreistufigen Reformvorschlag zur DSGVOvon MdEP Axel Voss und Datenschutzaktivist Max Schrems soll ein konkreter Gesetzgebungsvorschlag entwickelt werden, der ein besseres Gleichgewicht zwischen einem starken EU-Datenschutz und praktikablen Compliance-Anforderungen für Unternehmen jeder Größe schafft.
Projektziele
Vorgehensweise
Teil 1: Bewertung eines Jahrzehnts EU-Digitalstrategien
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Umfassende Literaturrecherche: Untersuchung offizieller EU-Dokumente, akademischer Studien und Branchenberichte im Zusammenhang mit der digitalen Gesamtstrategie der EU, um Ziele und Umsetzung besser zu verstehen.
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Stakeholder-Interviews: Durchführung von Interviews mit politischen Entscheidungsträgerinnen, Branchenvertreterinnen und Wissenschaftler*innen, um unterschiedliche Perspektiven zu den Erfolgen und Schwächen dieser politischen Initiativen zu erfassen.
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Vergleichende Analyse: Abgleich der angestrebten Ziele jeder Strategie mit den tatsächlichen Ergebnissen, um Lücken und Bereiche zu identifizieren, in denen die Erwartungen erfüllt oder übertroffen wurden.
Teil 2: Bewertung der DSGVO und Reformvorschlag
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Gezielte Wirkungsanalyse: Untersuchung der Auswirkungen der DSGVO in verschiedenen Sektoren, unter Berücksichtigung sowohl positiver Ergebnisse als auch der Herausforderungen für Unternehmen, Organisationen und betroffene Personen.
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Fallstudien: Entwicklung detaillierter Fallstudien von Unternehmen unterschiedlicher Größe, um die Umsetzung der DSGVO und ihre praktischen Auswirkungen zu veranschaulichen.
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Reformvorschlag: Nutzung der Erkenntnisse aus der Wirkungsanalyse und den Fallstudien sowie der Vorschläge aus der Voss-Schrems-Initiative zur Ausarbeitung eines differenzierten Reformvorschlags zur DSGVO, der einen echten risikobasierten Ansatz in das Gesetz integriert.
Ergebnisse
Teil 1: Bewertung eines Jahrzehnts EU-Digitalstrategien
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Umfassender Bericht: Eine detaillierte Analyse der EU-Digitalstrategien der letzten zehn Jahre, mit Fokus auf Erfolge, Schwächen und Erkenntnisse.
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Politikempfehlungen: Ein Satz umsetzbarer Empfehlungen zur Verbesserung künftiger EU-Digitalpolitiken, mit dem Ziel, ihre Wirksamkeit zu erhöhen und sie an die sich rasch wandelnde digitale Landschaft anzupassen.
Teil 2: Bewertung der DSGVO und Reformvorschlag
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Analyse der gezielten Wirkungsbewertung: Bewertung der Auswirkungen der DSGVO auf verschiedene Interessengruppen, einschließlich Unternehmen, Bürger*innen und Regulierungsbehörden.
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Reformvorschlag: Ein gut begründeter Vorschlag für eine gezielte DSGVO-Reform, der ein gestuftes Compliance-Rahmenwerk umfasst – wie von Voss und Schrems vorgeschlagen –, das besser auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Organisationstypen zugeschnitten ist.
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Policy Briefings: Prägnante Dokumente mit den wichtigsten Erkenntnissen und Empfehlungen, konzipiert zur Information und Einflussnahme auf politische Entscheidungsträgerinnen, Branchenakteurinnen und die Öffentlichkeit.
Über Kai Zenner
Kai Zenner ist Büroleiter und digitalpolitischer Berater von MdEP Axel Voss (EVP) im Europäischen Parlament mit Schwerpunkt auf KI-Politik, Datenschutz und dem digitalen Wandel der EU. Zuvor war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Konrad-Adenauer-Stiftung tätig.
Seine umfassende Erfahrung umfasst zudem Rollen als Mitglied im OECD.AI Network of Experts, in der AI Governance Alliance des Weltwirtschaftsforums sowie als Mitglied der zeitweiligen Expertengruppe der Vereinten Nationen, die das High-Level Advisory Body on AI unterstützt.
Er hat Abschlüsse in Politikwissenschaft von der Universität Bremen (B.A.) und der University of Edinburgh (M.Sc.)sowie das erste Staatsexamen in Rechtswissenschaften von der Universität Münster.
Für seinen Einfluss auf die Digitalpolitik wurde Kai Zenner mehrfach ausgezeichnet: Er erhielt die Auszeichnung "Best MEP Assistant" (2023), wurde auf Platz 13 in Politico’s Power 40 (2023) gelistet, gewann den European AI Award (2024) und wurde von Euronews als einer der „14 Movers and Shakers“ der Tech-Politik für 2025 hervorgehoben.
Das Fellowship of Practice wird in persönlicher Eigenschaft durchgeführt.